The Working Woman 14.07.2025

💸Die dunkle Seite von Remote Work: Overemployment 🤯 Wie KI uns dümmer macht 🦨 How NOT To: Leute entlassen (Sorry, Whitney)

Guten Morgen, Working Woman! ☕️

Der 480.000-Dollar-Betrug: Wie ein Entwickler Silicon Valley mit Overemployment austrickste

Es war der Montagmorgen vom 2. Juli 2025, als Suhail Doshi seinen Kaffee zur Seite stellte und einen Tweet verfasste, der Silicon Valley in Aufruhr versetzte. Der Mixpanel-Gründer hatte gerade entdeckt, dass sein ehemaliger "Star-Entwickler" gleichzeitig für ein halbes Dutzend anderer Startups arbeitete. Sein simpel formulierter Warnschuss sammelte innerhalb von 24 Stunden über 20 Millionen Views.

Der Grund? Ein 27-jähriger Softwareentwickler aus Mumbai hatte das Remote-Work-System so perfekt gehackt, dass er vier Jahre lang unentdeckt blieb (und dabei jährlich fast eine halbe Million Dollar verdiente)!

Die Geschichte von Soham Parekh liest sich wie ein moderner Thriller über Hustle Culture, der die dunkelste Seite unserer "always be grinding"-Mentalität entlarvt. Aber zwischen den Schlagzeilen über Betrug und Täuschung versteckt sich eine viel komplexere Erzählung über wirtschaftliche Verzweiflung, die Zukunft der Arbeit und die Frage, was Arbeitgeber und Arbeitnehmer einander eigentlich schulden.

Der perfekte Kandidat (mit einem Problem): Parekh war kein gewöhnlicher Betrüger. Jeder CEO, der ihn interviewte, schwärmte von seiner technischen Brillanz. "Top 0,1% Engineer", nannte ihn Igor Zalutski von Digger, bevor er die Wahrheit herausfand. Roy Lee von Cluely beschrieb ihn als außergewöhnlich kompetent in React-Entwicklung. Das war kein Hochstapler-Syndrom, der Mann konnte wirklich coden.

Seine Strategie war erschreckend durchdacht. Während andere Kandidaten nach maximalen Gehältern griffen, bat Parekh konsistent um niedrigere Grundgehälter im Austausch für höhere Aktienanteile. Das machte ihn nicht nur kostengünstiger für Cash-arme Startups, sondern auch vertrauenswürdiger. Wer würde schon bei einem Unternehmen betrügen, bei dem er Equity besitzt?

Sein gefälschter Lebenslauf prahlte mit einem Master-Abschluss vom Georgia Institute of Technology (einer Lüge, die erst nach seiner Entlarvung aufflog). Er behauptete, in den USA zu leben, während er aus Mumbai arbeitete, und organisierte sogar, dass Firmen-Laptops an seine angebliche "Schwester" in Amerika geliefert wurden.

Die 140-Stunden-Woche (unmögliche Mathematik oder du bist Hermine Granger): Hier wird Parekhas Geschichte von clever zu verrückt. In seinem Geständnis-Interview behauptete er, 140 Stunden pro Woche zu arbeiten. Das sind 20 Stunden täglich, sieben Tage die Woche, ohne einen einzigen freien Tag im Jahr.

Seine monatlichen Einnahmen aus allen Jobs kombiniert lagen bei 30.000 bis 40.000 Dollar. Das ist das 8-10fache des durchschnittlichen indischen Entwicklergehalts von 38.000 Dollar pro Jahr. Für jemanden, der behauptete, in "extrem schwierigen finanziellen Umständen" zu sein, war das ein ziemlich komfortables Problem.

Die öffentlichen Reaktionen sind gespalten zwischen Bewunderung und Empörung. Während Startup-Gründer ihn als Betrüger brandmarkten, feierte die r/overemployed-Community auf Reddit (mit inzwischen 450.000 Mitgliedern) seine Story als Case Study für erfolgreiches "Job Stacking". WTF.

Doshis Tweet war wie das erste Dominostein in einer endlosen Kette der Entlarvung. Innerhalb von Stunden meldeten sich Dutzende von Tech-Gründern mit fast identischen Geschichten. Flo Crivello von Lindy twitterte: "Holy shit. Wir haben diesen Typen vor einer Woche eingestellt. Heute Morgen gefeuert." Haz Hubble von Pally AI enthüllte, dass sie ein 250.000-Dollar-Gründer-Ingenieur-Angebot nur Tage vor der Entlarvung zurückgezogen hatten.

Das Muster war überall gleich: brillante Interviews, vage Entschuldigungen für Krankmeldungen am ersten Tag, mysteriöse Verfügbarkeitslücken und GitHub-Aktivitäten, die gleichzeitige Arbeit an konkurrierenden Projekten zeigten. Ein Gründer beschrieb es als "einen Monat verschwendeter Zeit, Fokus und Energie".

Die Ironie? Parekhas technische Fähigkeiten waren so beeindruckend, dass mehrere Unternehmen zugaben, sie hätten ihn trotz der roten Flaggen länger behalten, wenn er ehrlich gewesen wäre.

Willkommen in der Overemployment-Ära: Der Fall brachte ein Phänomen ins Rampenlicht, das bereits Millionen von Arbeitnehmern erfasst hat. Die Statistiken sind beeindruckend: 5,4% aller US-Arbeiter haben inzwischen mehrere Jobs = 8,3 Millionen Menschen. Bei Remote-Arbeitern liegt die Quote bei 37%, die einen zweiten Vollzeitjob haben.

Seit der Pandemie ist Remote Work von 6,5% auf 28% gestiegen, wobei der Tech-Sektor mit 67% primär remote arbeitenden Fachkräften die Spitze anführt. Das hat die perfekten Bedingungen für simultane Beschäftigung geschaffen. KVM-Switches zum Verwalten mehrerer Computer, strategisch platzierte "Focus Time"-Blöcke im Kalender und die Kunst, gleichzeitig an Meetings für verschiedene Jobs teilzunehmen, sind zu den Werkzeugen einer neuen Generation von "Über-Beschäftigten" geworden.

Die Erfolgsgeschichten in der Community sind verblüffend. User:innen berichten von über 500.000 Dollar jährlich aus mehreren Positionen, einer behauptet sogar 3.000 Dollar täglich aus fünf gleichzeitigen Jobs. Die r/overemployed Community wuchs von 6.389 Mitgliedern Anfang 2022 auf fast eine halbe Million heute - ein Wachstum, das zeigt, dass dies kein Randphänomen mehr ist.

Die Corporate Gegenreaktion: Unternehmen reagieren mit einer Mischung aus Panik und Pragmatismus. IP-Adress-Tracking, GitHub-Aktivitäts-Monitoring und Employee-Monitoring-Software wie Teramind und Hubstaff werden zum Standard. Einige Startups verlangen jetzt Nachweise der Kündigung vorheriger Jobs und implementieren strengere Referenz-Checks. Und wer kann’s ihnen verübeln?

Das grundlegende Problem ist philosophischer Natur: Remote Work basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Unternehmen müssen Mikromanagement vermeiden und Autonomie gewähren, während Arbeiter professionell handeln müssen. Wenn eine Seite dieses Vertrauen bricht, wird das gesamte System instabil.

Die rechtliche Lage in den USA ist komplizierter als man denkt. Multiple Jobs zu haben ist in den USA legal. Aber die meisten Arbeitsverträge enthalten Exklusivitäts- oder Interessenskonflikt-Klauseln, die das Ganze in eine Grauzone verschieben. In Deutschland wäre Parekha übrigens zum Scheitern verurteilt: mehrere sozialversicherungspflichtige Vollzeitjobs würden sofort bei Krankenkassen und Rentenversicherung auffliegen, ganz abgesehen von den strengen arbeitsrechtlichen Regelungen zu Nebentätigkeiten.

Das Geständnis: Am 4. Juli 2025 ging Parekh in die Offensive. In einem Podcast-Interview gab er alles zu: "Es ist wahr. Ich bin nicht stolz auf das, was ich getan habe. Aber finanzielle Umstände, im Wesentlichen. Niemand arbeitet gerne 140 Stunden pro Woche, oder? Aber ich musste das aus Notwendigkeit tun."

Seine Verteidigung drehte sich um wirtschaftliches Überleben statt Gier. Er verwies auf verschobene Graduiertenstudien und wachsende finanzielle Belastungen, obwohl die Spezifika seiner Finanzkrise vage blieben. Bemerkenswert war seine Haltung: Obwohl er nicht stolz auf seine Handlungen war, sah er sie nicht als grundsätzlich falsch an.

Trotz des Skandals sicherte sich Parekh einen neuen Job bei Darwin Studios, einem KI-Video-Remix-Startup. CEO Sanjit Juneja verteidigte die Entscheidung: "Soham ist ein unglaublich talentierter Engineer und wir glauben an seine Fähigkeiten." Ein anderer Gründer, Conor Brennan-Burke von Hyperspell, bot ihm sogar einen Job an und glaubte, dass er "seine Lektion gelernt hat und wahnsinnig hart arbeiten wird, um allen das Gegenteil zu beweisen."

The Bottom Line: Seine Geschichte ist mehr als ein Tech-Skandal, es ist eine Nebenwirkung moderner Arbeitskultur und -realität. Seine betrügerischen Praktiken waren eindeutig problematisch, aber die zugrunde liegenden wirtschaftlichen Drücke, die Overemployment antreiben, spiegeln reale, allzu menschliche Sorgen über finanzielle Sicherheit, Lohnstagnation und Arbeitgeberloyalität wider.

In einer Ära von Jobunsicherheit und steigenden Lebenshaltungskosten suchen Millionen neue Wege zur finanziellen Stabilität. Die Frage ist nicht, ob sich das System ändert, es ändert sich bereits. Die Kunst liegt darin, diese neue Arbeitswelt zu navigieren, ohne die Integrität zu verlieren, die das Fundament jeder erfolgreichen Karriere bildet. [Zum Nachlesen…]

How NOT To: schlechte Entscheidungen durch falschen KI-Input treffen

Bad news: Führungskräfte, die ChatGPT für Finanzprognosen nutzen, treffen am Ende schlechtere Entscheidungen, weil die KI sie zuversichtlicher, aber nicht klüger macht. In einem Experiment mit über 300 Manager:innen sollten Teilnehmer:innen den Nvidia-Aktienkurs einen Monat im Voraus schätzen. Die einen diskutierten in Gruppen, die anderen befragten ChatGPT. Und was passierte? Die KI-Gruppe wurde optimistischer, überarbeitete ihre Prognosen nach oben - und lag am Ende weiter daneben als vorher.

Und ich bin mir recht sicher, dass sich das auch auf so ziemlich alle Bereiche ausdehnt. Das Problem ist nicht die KI selbst, sondern unser Umgang damit. ChatGPT klingt smart, wirkt überzeugend, strotzt vor Daten, aber verführt zu Überschätzung und blinder Trendgläubigkeit. Leider häufen sich die Beweise, dass KI uns dümmer macht und umso wichtiger wird der Einsatz von kritischem Denken und Teamdiskussionen. [Weiterlesen…]

Wie man NICHT Leute entlässt: ein Lehrstück von Bumble-CEO Whitney Wolfe Herd

Letzte Woche entließ Bumble 30 % seiner Belegschaft. Per Zoom-Call. Klingt schon schlimm? Wird schlimmer: Als sich entlassene Mitarbeitende im Chat mit Daumen-runter-Emojis Luft machten, konterte CEO Whitney Wolfe Herd mit einem „Y’all need to calm down“.

Was folgte, war kein Shitstorm, sondern ein Reality Check: Für viele war dieser Moment der Beweis, wie nicht empathisch Kommunikation im Worst Case laufen kann. Und das ausgerechnet von einer Gründerin, deren persönliche Marke auf Female Empowerment fußt.

Kontext: Bumble hat seit dem Börsenhoch 2021 über 96 % an Marktwert verloren. Gleichzeitig glaubt selbst die CEO: „Dating apps feel like a thing of the past.“ Diese Story ist ein Reminder für alle Führungskräfte: Empathie ist keine Kür. Sie ist Pflicht. [Weiterlesen…]

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Xoxo, Maria von The Working Woman

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